Bilder der anschließenden Steinplattenbrücke:


Ein Kilometer flussaufwärts die historische  Eisenbahnbrücke:


Die Gridl-Brücke:
















Achtung Notfall:
Brückenbau-Anstalt Ignaz Gridl - Brücke über die Lainsitz ev. vor Demolierung!

Oberlainsitz, am 22. August 2003

Nach Auskunft des zuständigen Referenten der Stadt Gmünd (NÖ), Ing. Franz Höllrigl, besteht die Möglichkeit, dass die alte Lainsitzbrücke bei Breitensee demoliert wird. Eine Restaurierung wäre die teuerste aller aktuell gehandelten Varianten einer Wiederherstellung der gesperrten Flussquerung. Erste Recherchen lassen darauf schließen, dass es sich bei dem eleganten Bauwerk aber um ein schützenswertes Juwel, gewissermaßen um die kleine Schwester des Schönbrunner Palmenhauses und des Salzburger Mozartstegs handelt.

Die Doppelbrücke bei Breitensee, sie besteht aus einer Eisenfachwerks- und einer Eisenträgerbrücke, war Teil der alten Landesstraße von Gmünd nach Litschau. Heute führt diese "LH 62" einige hundert Meter weiter flussaufwärts auf einer modernen Betonbrücke über die Lainsitz, wodurch die alte Brücke verschont wurde. Sie fiel zusammen mit dem kurzen Straßenstück in den Zuständigkeitsbereich der Stadtgemeinde Gmünd.

Eigentlich handelt es sich bei der Lainsitzquerung kurz vor der tschechischen Grenze um eine Dreifachbrücke. Auf das Eisenbauwerk folgt ein kurzes Straßenstück und am Ende der Talsohle noch eine archaisch wirkende Steinplattenbrücke. Vor kurzem wurde diese behelfsweise in Stand gesetzt, fehlende Steinplatten und die Fahrdecke in Beton gegossen. Durch diesen glatten Überguss ist leider der altertümliche Charakter der Brücke verdeckt worden. Die bestehende Sperre des Straßenstückes führte ich zuerst auf die Arbeiten an dieser Brücke zurück.

Ich stieß vor knapp zwei Wochen, am 10. August, im Zuge der Lainsitzdokumentation lainsitz.prinzeps.com auf dieses Schmuckstück. Es war eine freudige Überraschung, auf dem letzten Teilabschnitt vor der Grenze noch auf so ein kunstvoll ausgeführtes Bauwerk zu treffen. Ich war froh zu sehen, dass das Hochwasser vom letzten Jahr der alten Brücke keinerlei Schaden zugefügt hat, und ihr daher nicht dasselbe Schicksal wie der letzten gewölbten Steinbrücke aus dem Jahr 1888, die vor wenigen Tagen in St. Martin demoliert wurde, bevorsteht.

Heute wollte ich einige Daten über die Brücke in Erfahrung bringen und wandte mich an die Stadt Gmünd. Herr Ing. Höllrigl, zuständig für die Gmünder Brücken, bedauerte, keine Informationen über Baujahr und Hersteller zu haben, da die Brücke in gewisser Weise vom Land NÖ geerbt worden war. Das Hochwasser des letzten Jahres habe der Brücke nicht geschadet, doch sei sie nicht befahrbar, weil wichtige Eisenteile zu stark korrodiert sind. Die Breitenseeer insistierten auf die Wiederherstellung ihrer vorteilhaften Ausfahrt Richtung Gmünd, eine Instandsetzung der alten Brücke würde aber ein Vielfaches eines Neubaus kosten. Die Stadt Gmünd wäre nicht in der Lage, die erhöhten Kosten selbst aufzubringen, deshalb tendiere man zur zweiten Variante.

Ich fuhr sofort nach dem Telefonat noch einmal nach Breitensee, um das Meisterstück vor seiner Demolierung noch einmal von allen Seiten abzulichten. Schon hatte ich mich damit abgefunden, sie nur auf auf Bildern bewahren zu können. Ich suchte das Bauwerk rundherum nach einem Hinweis auf seinen Erbauer ab, erfolglos. Erst bei den letzten Aufnahmen stachen mir plötzlich die ohnehin zentral angebrachten Plaketten ins Auge. Zu Hause angelangt, versuchte ich die Aufschrift zu entziffern: "BRÜCKENBAU-ANSTALT - IG. GRIDL - Wien" las ich. Eine erste, einfache Recherche im Internet war erfolgreich. Was ich erfuhr, ist eine kleine Sensation:

Die k.k. Eisenkonstruktionswerkstätte Ignaz G. Gridl hat 1882 das weltbekannte Palmenhaus in Schönbrunn und das vielleicht weniger bekannte im botanischen Garten der Univerität Graz errichtet. Unter Ingenieurkunst und Eisenarchitektur von Univ.-Prof. Holger Neuwirth erfährt man das weitere Detail, dass die Firma 1934 von Waagner Biró einverleibt wurde. Der Artikel über die Architekturgeschichte der Eisenkonstruktionen zeigt, dass die vergessene Brücke vor Breitensee ein einmaliges Beispiel für eine historische Bauepoche darstellen kann. Sie ist ein Musterbeispiel für die fortschrittlichste Bauweise ihrer Zeit.

Unter "...von hüben nach drüben..." erfahre ich, dass der allen Salzburgkennern vertraute Mozartsteg 1903 ebenfalls von der Firma Ignaz Gridl erbaut worden ist. Man liest über die Gründung eines Proponentenkomitees, das die erforderlichen 92.000 Kronen aufbrachte, über die Einhebung einer Brückenmaut von zwei Heller und über die feierliche Eröffnung durch Landespräsident Graf Saint-Julien-Wallsee und Bürgermeister Franz Berger. Ausblickend stellt die Autorin Christiane Gärtner vom Salzburger Landesarchiv fest: "Heute nach 100 Jahren bleibt zu hoffen, dass die Brückenpfeiler kommenden Hochwässern standhalten werden und die eiserne Brückenkonstruktion als Denkmal der Technik im Jugendstil für die Stadt Salzburg erhalten bleibt." Ich hoffe auch auf die Erhaltung unserer Brücke in Breitensee, deren genaue architektonische Einordnung noch aussteht.

27.
Nov.

Frau Univ.-Prof. Georgeacopol schickt Kopien aus dem Buch:
Die Gross-Industrie Oesterreichs

Ig. Gridl beschäftigte demnach 1898 neben vielen Angestellten 600 Arbeiter, seine Produktionsstätte in Wien VI. erstreckte sich über 14400m²,... [mehr]

31.
Okt.

Allerheiligen - Zentralfriedhof Wien:

Ich habe alle Bibliotheken abgesucht, habe bei Fachleuten nachgefragt: Über den großen "Eisenconstructeur" Ignaz Gridl selbst war bisher nichts zu erfahren.

Ist es nicht eigenartig, die Lebensdaten von einem der größten Schlosser aller Zeiten erst auf seinem Grabstein zu finden? 

Zentralfriedhof, Gruppe 2, Gruft 1...

28.
Okt.

In der Gmünder Zeitung der NÖN von heute findet sich der Titel:

Brücke ist 104 Jahre
KEIN ABRISS / Mag. Hubert Prinz fand Unterlagen über Gridl-Brücke im Landesarchiv. Denkmalamt: 'Erhaltenswertes Baujuwel!'

Wenn's wahr ist, dann bleibt der (österreichischen) Lainsitz vielleicht doch ihr letztes, wertvolles Schmuckstück erhalten!

21.
Okt.

Geburtsurkunde im NÖ Landesarchiv gefunden!

Fertigstellung der Brücke

laut "Collaudirungs-Protokoll" vom 10. August 1900 im Akt Fasc. D-7, N.Öst.Landes-Ausschuss, Prot. Nr. 43888 vom 18. August 1900!

Eisenkonstruktion IG. GRIDL Wien, Betonfahrbahn G.A. WAYSS Wien, Erd-, Maurer- und Zimmerarbeiten Firma Jakob PAUSER's Witwe, Langschwarza.

Unsere Brücke ist demnach drei Jahre älter als der Mozartsteg in Salzburg.

10. Okt.

Ringstraße. Eisenkonstruktionen: Ignaz Gridl.
So lautet die Erkenntnis aus einem Buch von 1979.

An den durch die aktuellen Umbauten in den Medien präsenten Gasometern in Wien war Gridl ebenfalls beteiligt, wie unter "Historie zu den Gasometern" zu lesen ist. Ihre Fertigstellung erfolgte im Jahre 1899.

Einen letzten Hinweis auf die Besonderheit des Dornröschens von Breitensee liefert ein Artikel eines Anonymus über die historische Draubrücke bei Lippitzbach, die auch von Gridl errichtet wurde. Seine Wertanalyse dieser Brücke ist eins zu eins auf unsere zu übertragen:

"Die Draubrücke bei Lippitzbach stellt heute eine der bedeutendsten verbliebenen Ingenieurkonstruktionen der bekannten Wiener Brückenanstalt Ignaz Gridl dar, wie sie einst vielfach unsere Städte und Flussläufe prägten. Bedauerlicherweise wird die Zahl dieser charakteristischen Brücken des 19. Jahrhunderts immer kleiner. Schon aus diesem Grund sollte die Erhaltung der Draubrücke bei Lippitzbach, die sich mit ihren schlanken Pfeiler- und Tragwerkskonstruktionen besonders harmonisch in das Landschaftsbild einfügt, außer Zweifel stehen."

Mag. Hubert Martin Prinz

Lage der Brücke (austrianmap.at)


25. August:
Lippitzbachbrücke wird vom Land Kärnten erhalten!
Ich habe gerade von Herrn Josef Jakab aus Lippitzbach/Ktn. erfahren, dass der Bestand der dortigen Gridl-Brücke als Kulturdenkmal durch das Land Kärnten gesichert ist. Der Bau einer neuen Draubrücke, zu dem der Spatenstich dieser Tage erfolgte, wird die alte Brücke verschonen. Es gibt auch eine Homepage, auf der man über Geschichte und Konstruktion der Brücke informiert wird. Hier die Lage der Brücke. Der oben angeführte Text dürfte aus dem sog. "Wehdorn" stammen, dem Buch "Baudenkmäler der Technik und Industrie in Österreich" von Prof. Manfred Wehdorn, dem Vorstand des Instituts für Kunstgeschichte, Denkmalpflege und Industriearchäologie an der TU Wien.

In "Die Geschichte der Lippitzbachbrücke" wird als Vergleichsbeispiel "Weitra, Eiserne Fachwerksbrücke über die Lainsitz" angeführt. Nun gibt es aber in Weitra keine einzige solche Brücke mehr. Auf einer alten Ansichtskarte aus dem Jahr 1929 ist sie aber noch zu sehen:

Damals:              Heute:   


26. August:
In Waidhofen wurde eine historische Gridl-Brücke restauriert!
Wie ich heute von der Brückenmeisterei Zwettl erfahren konnte, wurde ein historisches Stahlfachwerk der Fa. Gridl im Bezirk Waidhofen fachgerecht restauriert und an anderer Stelle wieder aufgebaut. Mehr...

Vorher:         Nachher:   


27. August:
Im Archiv von Waagner-Biro in Wien liegen die alten Pläne der Firma Ig. Gridl. Bei einer ersten Einsicht konnte ich heute die Zeichnungen der Breitenseeer Brücke leider nicht finden. Dagegen fand ich die Konstruktionszeichnung der alten Eisenbrücke von Ehrendorf, hier ist sie:


28. August:
Heute holte ich mir den "Wehdorn", Bd. 1, für Wien, NÖ und Bgld. Unter den etwa 65 auf je zwei Seiten dargestellten Baudenkmälern der Technik und Industrie aus Niederösterreich befinden sich zwei der Breitenseeer vergleichbare Brücken: Die Triestingbrücke in Leobersdorf und die schon oben genannte in Weitra. Beide bleiben aber in Dimension und Komplexität hinter jener zurück. Die Hauptträger der Breitenseeer Brücke besitzen 9 Fachwerksfelder, jene der Leobersdorfer 8, der Weitraer 7. Die Breitenseeer Talquerung besitzt dazu neben der Fachwerksbrücke auch noch eine Eisenträger- und eine Steinplattenbrücke sowie eine etwas erhöhte Fahrbahn auf dem Talboden zwischen der Eisendoppel- und der Steinbrücke!
Nun, die Stadt Weitra hat ihre historische Brücke demoliert, das ist bekannt. Was aus der Leobersdorfer Brücke geworden ist, weiß ich heute noch nicht.

           


30. August:
Ich war heute zum Lokalaugenschein in Leobersdorf, wo die zweite vor etwa zwanzig Jahren im "Wehdorn" angeführte Gridl-Brücke, neben der bereits demolierten in Weitra, stehen soll. Erst beschied mir auf der Suche eine alte Frau, dass die Brücke voriges Jahr einer Modernisierung zum Opfer gefallen sei. Umso schöner war es dann, anstelle der erwarteten Betonbrücke die völlig neu restaurierte Originalbrücke vorzufinden! Sie ist für 3,5t freigegeben und wurde heute, es ist Samstag, viel befahren und begangen. Hier einige Bilder von der Triestingbrücke in Leobersdorf, drei dutzend Kilometer südlich von Wien:


3. September:
Heute sind in den beiden Lokalzeitungen umfangreiche Artikel über die Brücke und ihre Bedeutung erschienen.

In der Gmünder Zeitung der NÖN titelt man:
"Brücke ein Baujuwel?
NEUE DISKUSSION / Mag. Hubert Prinz: „Die alte Brücke in Breitensee ist eine Gridl-Brücke und könnte als Touristen-Attraktion dienen.“ "

Dem Waldviertler /Gmünd  ist das Thema sogar die erste Seite wert: "Lehrer setzt sich für Gridl-Brücke ein". Auf vier Spalten auf den Seiten zwei und drei wird über die Brücke und den Stand der Dinge informiert. Titel dort: "Lehrer kämpft um Gridl-Brücke. Der alten Lainsitzbrücke in Breitensee, einem historischen Juwel, könnte Abriss drohen."
Die Redakteurin Eva Jungmann befasst sich darüber hinaus in ihrer Spalte "Meinung" mit der Problematik der Erhaltung von Baudenkmalen im Waldviertel. Ihr Resümee:  "Realistisch betrachtet, zeichnet sich die grandiose Rückkehr verschiedenster Industriezweige ins Waldviertel nicht eben am Horizont ab. Das Kapital liegt unter anderem in der Schönheit unserer Landschaft, deren Gewinn bringende Vermarktung vorrangig behandelt werden muss. Dazu gehört aber auch das Bewahren von Zeitzeugen, wie alten Bauwerken oder Brücken." Der "Waldschratt" meint noch: "Bin i froh, dass se fia de schen oidn Sochan a nu wer eisetzt. Nua modern is net imma guat, schauts eich de grauslichn Wohnsilos aus de 70a Joah au."

Es ist wunderbar, dass die beiden Zeitungen das Thema aufgegriffen haben! Ich würde mich freuen, wenn viele dadurch angestoßen würden, sich selbst die Brücke einmal ganz bewusst anzusehen. Und auch gleich das wunderbare Naturschutzgebiet dazu, in dem sie steht.
Ich kämpfe nicht für diese Brücke, ich werbe für sie. Sie kämpft für sich am besten nämlich selbst: Durch ihre Schönheit ist sie unbezwingbar.


6. September:
Spurensuche Schönbrunn/Palmenhaus

Das Wetter ist gut, die Lainsitz zu weit. Eine gute Gelegenheit, um das bekannteste Geschwister der Breitenseeer Brücke zu besuchen, das Palmenhaus in Wien. Nahe dem Hietzinger Tor ist das prominenteste Gewächshaus der Welt eines der ganz großen Anziehungspunkte neben dem Tierpark, der Gloriette und dem Schloss in Schönbrunn. Eingebettet in einem wunderschönen Park macht das Gebäude selbst einen organischen Eindruck, als wäre es hier gewachsen und von Gärtnern in seine künstliche Form geschnitten worden, wie die vielen kugel- und kegelstumpfförmigen Hecken herum. Wird das Gebäude irgendeinen Hinweis auf seinen Erbauer haben, so wie unsere Brücke? Innerlich jubelnd entdecke ich tatsächlich links neben dem Haupteingang das Schild, die Marke, wie sie auch die weit entfernte Brücke im Lainsitztal trägt: IG Gridl. Der Ort könnte unterschiedlicher nicht sein: Hier Tausende Menschen, Touristen, Spaziergänger, dort nur selten eine verirrte Menschenseele. Hier wollen alle das Gebäude und die tropischen Pflanzen in ihm sehen, dort keiner das Bauwerk und die ebenfalls außergewöhnliche Natur herum. Und trotzdem stehen die Bauwerke in einer sehr intensiven Beziehung, sind beide von selber Qualität, wenn auch von unterschiedlicher Dimension. Hier Impressionen vom 120km entfernt wohnenden gut situierten Bruder der Fachwerksbrücke:


7. September:
Das ehemalige Firmenzentrum Bacherplatz 3 im V. Wiener Gemeindebezirk scheint noch zu stehen. Es wird heute von allerlei Prominenz bewohnt. Über dem Hauseingang im ersten Stock das ehemalige Chefbüro, den Sturz des Erkerfensters ziert ein Stuckelement mit den Initialen IG, Ignaz Gridl. Die Initialen finden sich auch in einem Schmiede- bzw. Gusseisengitter an einem Tor in der dahinter liegenden Siebenbrunnengasse.

     


8. September:
Ein Plan aus dem Jahr 1962 taucht auf

Von Herrn Hofrat DI Forkert, Amt der NÖ Landesregierung, Gruppe Straße, bekam ich eine Konstruktionszeichnung, die aus dem Jahre 1962 stammt.
Aus ihr ergibt sich folgende vereinfachte Darstellung:

Die beiden Hauptträger der Fachwerksbrücke sind 26,5m lang. Es sind Halbparabelträger, d.h. der Untergurt ist jeweils gerade, der Obergurt setzt sich aus einem Polygon zusammen, dessen Eckpunkte einer parabelförmigen Linie folgen. 10 Fachwerkspfosten bilden 9 Felder zu je 2,90m, dazu kommen die Endpfosten mit je 0,2m. Die Fahrbahn ist etwa 5m breit. Die Eisenträgerbrücke rechts hat eine Spannweite von 13,7m und dient als Flutbrücke.


Achse Brücke/Palmenhaus mit AMAP 3D vermessen: