Lebensdaten vom Grabstein
Was über Gridl in keinem Buch zu finden war

Der Allerheiligentag animiert(!) mich, einmal auf dem Zentralfriedhof nachzuschauen, ob nicht dort etwas über den Gründer der Eisenkonstruktionswerkstätte zu erfahren ist, die im ganzen alten Österreich und darüber hinaus an den großartigsten Bauwerken beteiligt war und - nicht zu vergessen - die Eisenteile für die Fachwerksbrücke in Gmünd/Breitensee lieferte.

Ein riesiges Schmiedeeisenkreuz auf hohem Grabstein, ein kunstvoller schmiedeeiserner Kranz, davor die Büste eines Mannes: Ich weiß von weitem, dass ich die Gruft des Ignaz Gridl gefunden habe! Eigenartig, ich habe einen ganzen Nachmittag am Geschichte-Institut der Universität Wien gesucht, habe per Internet alle österreichischen Bibliothekskataloge abgefragt, habe Architekturbücher zu Gridl-Bauten gelesen, habe mich an unterschiedlichen Stellen erkundigt und nichts über den Mann erfahren können, außer eben, dass er diese oder jene Eisenkonstruktion errichtet hat, dass er 1849 in der Allgemeinen Bauzeitung einen Bericht über die Pariser "Eisenkonstrukzionen an der Passage Jouffroy" veröffentlicht und Tabellen zur Tragfähigkeit diverser Eisenteile verfasst hat. Manchmal wunderte ich mich über das Alter, dass der Mann erreicht haben musste: 1849 Bericht, 1908 Tabellen, beides von Ignaz Gridl?

Der Grabstein löst das Rätsel:

Ignaz Gridl, kaiserl. Rath, k. und k. Hofschlosser und Eisenconstructeur, geboren 31. Juli 1825, gestorben 26. Juni 1890.

Den Vertrag für die Errichtung der Brücke in Breitensee hat er nicht mehr unterschrieben, die Tabellen von 1908 nicht mehr verfasst. Wer unterzeichnete dann mit Ig. Gridl?

Es war wohl der gleichnamige Sohn des Gründers, der ebenfalls in der Gruft beigesetzt ist:

Ing. Ignaz Gridl (jun.), geboren 24. Dezember 1867,
verstorben 13. Oktober 1933.

Ein Jahr nach dessen Tod ist die Firma Gridl an Waagner-Biro verkauft worden.

Die Gridls waren tätige Männer, an tausenden Brücken, Hauseinbauten, Theaterkonstruktionen, technischen Bauwerken fand sich die Plakette "Ig. Gridl, Wien". Sie waren die Popstars des Eisenbaus: Sogar in die Profile des unscheinbaren Vorgeländers an der Breitenseeer Brücke ließen sie groß ihr "IG. Gridl, Wien" walzen. Über sie ist dafür in Büchern, wie es scheint, nichts zu lesen. Zum Glück haben sie wenigstens ihre elementarsten Lebensdaten mit einer letzten Plakette auf einem Stein am Wiener Zentralfriedhof hinterlassen.

Im Archiv von Waagner-Biro schlummern die Reste der übrig gebliebenen Konstruktionszeichnungen, an alten Brücken und Eisenteilen findet sich manchmal noch eines der einst weit verbreiteten Firmenplaketten. Nur auf einem Grabstein kann man dürftige Lebensdaten finden. Vielleicht wäre es an der Zeit, das Werk des Ignaz Gridl und seines Sohnes einmal umfassend zu sichten, zusammenzutragen und zu würdigen!