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Einsame Schönheit
Hirschenstein, Christinaberg, Ahornstein (2002)
 

Es ist ein dunkles Gebiet, ein einsames Revier, durch das uns diese Expedition Anfang Dezember 2002 führt. Es gehört allein den Jägern und Forstarbeitern, die hier hegen und arbeiten, sonst verirrt sich keiner hierher. Es ist ein Teilstück der Tausenderkette an der niederösterreichisch-böhmischen Grenze, von der Lainsitz von drei Seiten fest umarmt und an der vierten, westlichen Seite, vom Einsiedelbach tief eingeschnitten.

Diese Einsiedelei suchen auch die Besitzer des schmuck renovierten Biedermeierschlösschens in Hirschenstein. Es sollen bairische Pfarrer sein, man weiß nichts darüber, Verrückte seien es gewiss, wer wolle sonst schon in dieser Gegend leben? Das Haus wurde vor zweihundert Jahren für den Werkmeister der hier an der Mündung des Einsiedelbaches bestehenden Glasfabrik errichtet. Es ist das einzige Gebäude, das von der Glasmachersiedlung noch übrig ist. 1852 sind noch zwei Glasöfen in Betrieb gewesen und ein dutzend Häuser gestanden.

Seit das Hochwasser heuer die alte Brücke von Joachimstal herüber weggeschwemmt hat(*), muss man vor der Lainsitzbrücke am Eingang von Joachimstal die Straße verlassen und den Forstweg Richtung Karlstift gehen, um hierher zu kommen. Bei der ersten Lichtung verlässt man den markierten Weg, geht über die Einsiedelbachbrücke und weiter die uralte, von überwuchernden Steinmauern gesäumte, verfallende Allee  zur Lichtung des Hirschensteiner Schlösschens. Ein einsamer Diener taucht am Fenster auf, mustert die Wanderer von weitem und verschwindet wieder. Die Tore sind fest verschlossen, nichts rührt sich in dem Josephshof genannten Haus. Die Lichtung gewährt einen prächtigen Blick nach Osten in das Lainsitztal. Kein Haus, keine Straße, kein Anzeichen von menschlicher Anwesenheit weit und breit. Ein idealer Ort für Rückzug und Besinnung. Man ist ungestört und unbeobachtet in diesem Hügelmeer, nur von der unbewirtschafteten Menahütte sieht man herüber.

Wir folgen der alten Allee nach Westen, die früher nach Silberberg und weiter ins Böhmische führte, schlagen uns aber bald links, nach einem Bächlein, hinauf zum Hirschensteiner Berg. Hoher Wald und phantasievoll von der Natur geformte Granitrestlinge erwarten uns. Es geht steil hinauf auf den Wächter über die Lainsitzbiegung. Im alten "Hauer" steht, dass hier viele Opfersteine zu finden seien, wir können jedoch keinen einzigen finden.

Wie von Riesen aufgetürmt liegen mächtige, frisch gefällte Baumstämme schön auf gleiche Länge zugeschnitten da. Die Förster der Großgrundbesitzer verstehen es, Bäume buchstäblich in den Himmel wachsen zu lassen. Dazu braucht man Zeit, große Wälder und den richtigen Boden. Auf einer breiten Forststraße ziehen wir weiter nach Christinaberg, ebenfalls eine abgekommene Glashütte. Zweimal kommen wir dabei an Gedenkkreuzen für verunglückte Forstarbeiter vorbei.

Christinaberg erwartet uns mit Sonnenschein. 1793 hat hier Karl Josef Freiherr von Hackelberg-Landau die Glashütte errichten lassen und nach seiner Gattin benannt. Spuren von den ehemaligen Bauten sind nur noch zu erahnen. Ein neu renoviertes Marterl für den heiligen Hubertus scheint auf älterem Fundament zu stehen. Im Wald finden wir zuerst auch nicht viel: einen modernen und gar nicht historischen Müllablagerungsplatz, dann erschrecken wir aber über eine unerwartete Zeugin der einstigen Siedlung in schaurigem Zustand. Eine verfallende Hütte, die sich als ehemaliges Backhäuschen entpuppt, finster in dichtem niedrigem Wald. Der Ofen halb erhalten, halb verfallen. Das Objekt könnte vielleicht noch gerettet werden, wenn man Interesse daran hätte.

Von einem obligatorischen Jagdstand aus schauen wir über die Lichtung auf das bewaldete Lainsitztal. Unten, auf böhmischer Seite, von hier nicht sichtbar, liegt die erste Brücke über die Lainsitz, die wir im Sommer besucht haben.

Am Hohlenstein vorbei biegen wir zum Ahornstein ab. Nach einem nicht sehr aufregenden ersten Anstieg wächst die Freude schnell über einen unerwartet schönen Gipfel dieses Tausenders. Ein mächtiger, zerklüfteter Fels ziert die Erhebung, bildet Wände wie von einer festen Burg. Vermodernde Bäume, tiefe Abgründe oben auf dem Stein. Es hat sich gelohnt, hierher zu wandern, nach einigen Richtungen gewährt der Wald sogar einen Ausblick ins Weite. Wie viele Wanderer schon werden unten entlang des Einsiedelbaches den Nord-Süd-Weitwanderweg vorbeimarschiert sein, nicht ahnend, welche Schönheit ihnen hier oben verborgen bleibt!

Der Abstieg über den Nordhang ist dunkel und steil. Man passiert noch mehrere gigantische Felsblöcke, bis man unten am Bach angelangt ist. An anderen Stellen im Waldviertel reichen viel unscheinbarere Steine, um viele Menschen anzuziehen. Hier im toten Eck, wohin keine Straße führt, wo keine Stadt in der Nähe ist, nicht einmal ein Dorf, schlafen diese mächtigen Felsen ungestört weiter, einsam in eine vielleicht noch einsamere Zukunft.

*) Rupert Hauer, Heimatkunde des Bezirkes Gmünd (Gmünd 1951)

Karte auf Austrian Map Online

Auflösung mittel gering

Josephshof in Hirschenstein

samt Ausblick

Lichtung vor dem

Anstieg zum Hirschenstein

Granit-

Baukasten

Zwergfarn

Riesenmatador

Forstarbeiter I Forstarbeiter II

Christinaberg

im Dezember

Natur ist

Gebet

Neuer Müll in

alten Wäldern

Hexenhaus oder Backhäuschen?

Blick nach Böhmen

vom Jagdstand

Gipfel des Ahornstein

Schlafender

Fels

Durch Wald

und Wäldchen

Hell und dunkel