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Trutz (an) der Lainsitz
Die Lainsitz von Schöllbüchl bis Schützenberg

Heute gehören Schöllbüchl, Anger, Langfeld, Schützenberg und der Weißenhof zu St. Martin. Vom 15. Jahrhundert, als das ehemalige Lainsitz nur noch als St. Martin bekannt war, bis 1850 waren die genannten Ortschaften im herrschaftlichen Amt "Lainsitz" zusammengefasst, das der Herrschaft Weitra gehörte. Als mit der Auflösung der Grundherrschaft auch die Bauern des Amtes Lainsitz nicht mehr dem damaligen Landgrafen "Friedrich Carl Johann" zu Fürstenberg untertan waren, wurde zur lokalen Verwaltung die Gemeinde Langfeld gegründet. 121 Jahre war die Gemeinde selbstständig, 1971 ging sie im Zuge der Kommunalreform in der Gemeinde St. Martin auf. Einziges Überbleibsel der Verwaltungsautonomie scheint die "Freiwillige Feuerwehr Langfeld" zu sein, auch die Kapellen in Schöllbüchl und in Langfeld könnten einen gewissen Kristallisationspunkt darstellen. Darüber hinaus ist mir nichts dergleichen bekannt, es gibt kein eigenes Gasthaus mehr, kein Geschäft, keine wie immer geartete Mittelpunktsinstitution.

Acht Wasserkraftanlagen führt Andrea Komlosy in ihrem Beitrag "Der Fluß als Wirtschaftsfaktor" für das  Buch "Die Lainsitz" in der heutigen Katastralgemeinde Langfeld an. Die Blauensteinermühle (Anger 2) zählt sie zu den noch in Betrieb stehenden. Seit dem Hochwasser letzten Jahres ist aber ihr Wehr zerstört, der Mühlbach steht trocken und die Mühle stumm. Es würde zuviel kosten, alles wieder instand zu setzten. Von der Koppensteinermühle sind nur noch Reste eines Wehr vorhanden, über den Zustand einer Pumpe in Langfeld 7/8 ist nichts bekannt, Mühlen in Langfeld 13 und 6 seien abgetragen, dagegen scheint die Mannmühle auf Nummer 17 als Sägewerk heute noch betriebsfähig zu sein. Mühle und Sägewerk Weinpoltner in Schützenberg 13 ist als "stillgelegt" angeführt. Es sind noch etliche Anlagen davon erhalten. Hammer und Mühle Prager (Schützenberg 16) wurden 1935 stillgelegt und sind heute abgetragen(*). Der Graben mit mehr als vierzig Meter Höhenunterschied von Roßbruck bis Schützenberg auf dreieinhalb Kilometer Flusslänge war eine intensiv genutzte Wasserstrecke. Zum Vergleich: Um von Roßbruck 40 Höhenmeter aufwärts statt abwärts zu steigen, muss man etwa 10 Flusskilometer bis Eisenwerk gehen! Ist die Steigung groß, so können die Mühlbäche kurz sein, was weniger Bauaufwand aber auch kürzere Wege zum Wehr und damit laufende Zeitersparnis bedeutet. Die Steinbachmühle hat fast 900 Meter Mühlbach zu betreuen, die Blauensteinermühle kam mit einem Drittel davon aus.

Eine weitere Besonderheit des Grabens sind seine vielen Brücken, zwischen Roßbruck und Schützenberg zählt man sieben davon. Die achte ist die alte Bundesstraßenbrücke unten im Ort Schützenberg. Die neunte ist das Waldviertler Gegenstück zur Tiroler "Europabrücke". Sie überspannt das ganze Lainsitztal, ist 345 Meter lang, ihr höchster Pfeiler ist 28,5 Meter hoch. Es ist so eine Brücke, die ihr Wesen verleugnet. Kinder, die jahrelang mit dem Auto darüber kutschiert wurden, wissen nichts von ihr. Sie sind verblüfft, wenn man mit ihnen die alte Strecke fährt und sie das moderne Bauwerk von unten erstmals wahrnehmen.

Seit 1981 steigt die Bundesstraße in Schützenberg schon nicht mehr hinab zur Lainsitz. Im Winter war dieses Straßenstück wegen seiner Steigung gefürchtet, hinunter kam man leicht ins Rutschen und hinauf blieb man in der Kurve hängen. Dafür gab es neben der Brücke ein Gasthaus, seit der Verkehr aber oben über die Rampe rauscht ist es herunten zu ruhig geworden, die Gäste blieben aus und der Wirt musste zusperren.

An der Brücke soll einst der Bauer Prinz dem Weitraer Fürsten die Vorfahrt verweigert haben. Dieser herrschte den Bauern an: "Weich aus, ich bin der Fürst von Fürstenberg!" – "Na und, ich bin der Prinz von Schützenberg!", soll der erwidert haben und losgefahren sein.


Es ist kaum denkbar, dass die vielen Brücken des Grabens schon im Mittelalter vorhanden waren. Damals wird man die Lainsitz wohl durch mehreren Furten überquert haben. Die feste und breite Brücke in Rossbruck war eine solche Besonderheit, dass sie als eindeutige Ortsangabe verwendet werden konnte.

Im August 2002 verwandelten heftige Regenfälle die sonst so liebliche Lainsitz zu einem reißenden Fluss. Im Graben war es durch die Enge des Tales und das hohe Gefälle besonders hart. Danach sah es aus, als hätte sich ein Ungeheuer den Bach entlang gewälzt und alles zerstört, woran es vorbeizog. Es nahm Brücken und Mauern, Erde und Boden mit. Wie ein fleischloses Skelett wirken heute noch die nackten Steine im Bachbett. Für die Menschen besonders schlimm war, dass nach den ersten Aufräumarbeiten wenige Tage später das Monstrum noch einmal durchs Tal zog, viel wütender und gefährlicher noch als beim ersten Mal.

Links oben: Zwei Bilder von der zerstörten Brücke in Anger. Darunter ein Bild von einer zerstörten Scheune in Schützenberg. Bild vier zeigt die Verwüstung unterhalb der alten Brücke von Schützenberg.

Der Graben, wie das Stück an der Lainsitz zwischen Roßbruck und Schützenberg genannt wird, ist Eine Welt für sich. Die Bundesstraße von Gmünd nach Freistadt liegt oben auf der Langfelder Ebene, herunten auf dem schmalen Sträßchen ist daher kaum Verkehr. Radfahrer und Jogger wissen das zu nutzen. Die Eisenbahn liegt auf der anderen Seite oben auf der Ebene, man merkt herunten nichts von ihrem Vorhandensein. Da das Tal tief und scharf eingeschnitten ist, entsteht ein Tunnelgefühl der besonderen Art. Um den Bach ein von Menschen bewohnter Raum, steile Wände links und rechts, darüber eine schmaler Streifen Himmel. Die Kante zur Langfelder Ebene ist besonders deutlich herausgearbeitet. Am Rand der Ebene finde ich einen kugelförmigen Schalenstein. Die Geologen glauben heute zu wissen, dass diese Schalen natürlich entstanden sind. Merkwürdig nur, dass die Natur sich immer besondere Plätze zur Ausformung dieser Besonderheit sucht. Die meisten Schalensteine liegen an erhöhten Plätzen, in Sichtkontakt zu einem Fluss oder bieten sonst eine besondere Aussicht. Einen Schalenstein, der unten am Ufer in Langfeld lag, dürfte das Hochwasser weggerissen haben, ich habe ihn nicht mehr gefunden.

Nirgendwo vorher standen die Häuser so dicht am Ufer, die paar Mühlen natürlich ausgenommen. Nirgendwo vorher lebte man so am Fluss wie hier. St. Martin steht mit dem Rücken zum Bach. Oberlainsitz ist zwar zum Fluss gewandt, da das Tal aber breiter und runder ist, können die Höfe einen Sicherheitsabstand zum Wasser einnehmen. Steinbach tangiert nur die Lainsitz, ebenso Harmanschlag, Joachimstal ist fast ausgestorben und weiter oben ist nichts als Wald.

Warum man die Höfe herunten im Tal anlegte? Mit jeder Fuhre Heu, mit jedem Wagen Getreide muss man die steilen Wege herunter, mit jeder Fuhre Mist die steilen Wege hinauf. Im Tal ist es windstill, aber das wiegt doch die Anstrengungen des ewigen Rauf und Runter nicht auf. Es wirkt, als suchte man eine gewisse Geborgenheit. Im Winter, wenn man nicht aufs Feld hinauf muss, lebt man herunten dicht an dicht ganz gut beieinander. Oben wüten die Schneestürme, hier ist es ruhig. Man hat nicht weit zum Nachbarn. Vielleicht hatten die ersten Siedler auch Angst vor Angriffen aus Böhmen und suchten hier herunten Deckung. Vielleicht waren sie verzagt, weil sie die am weitesten in den finsteren Nordwald vorgerückten Menschen waren. Der Wald erschien damals bedrohlich und stand noch nicht für Ruhe und Erholung. Das Schutzbedürfnis muss jedenfalls so groß gewesen sein, dass man dafür die erhöhten Anstrengungen bei der täglichen Arbeit in Kauf nahm. Dass eine Bedrohung vorhanden war, lässt sich auch aus der Stationierung von Schützen auf dem Berg gegen Weitra hin (Schützenberg) ableiten. In Oberlainsitz dagegen stehen die Häuser einzeln und sorglos in der Gegend. Sie dürften später angelegt worden sein, als die Bedrohung schon weggefallen war. Wohl nach 1179, als Friedrich Barbarossa mit seinem Schiedsspruch die Grenzstreitigkeiten in dieser Gegend beendete.

Man spürt noch heute etwas von dieser mittelalterlichen Trutzigkeit auf dem Teilstück der Lainsitz, den man Graben nennt. Der wütende Drache, der regelmäßig das Tal heimsucht, ist anders nicht zu ertragen.
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*) Andrea Komlosy: Der Fluß als Wirtschaftsfaktor. In: Die Lainsitz, Natur- und Kulturgeschichte einer Region. Hrsg. von Herbert Knittler und Andrea Komlosy (St. Pölten 1997)

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Von oben... ...hinunter
in den Graben
Die Langfelder Ebene Scharfe Kante...
...natürlich mit natürlich... ...entstandenem
Schalenstein.
Steiler Abhang Aufblick
An Backofen... ...und Marterl vorbei ins Tal
Ein trockener Mühlbach... ...macht das Mühlrad stumm
(Blauensteiner-mühle)
Kammrad im Pensionsschock Vom
Müllerhaus hinaus
Nüstern von Müllers Esel Im Graben
Vorbei... ...an
jungem Glück
Rückblick
zur Blauen-steinermühle
Erwin und die harten Männer
Dornröschen ist überall Ein Stein vorm Koppensteiner:
Von... ...allen...
...Seiten... ...betrachtet.
Neues Geländer Wolfgangbach vor der Mündung
Flusspferdgras Mannmühle
Eingang Sagboden
Cool Kräftig
Stein! Wasser
und Sand
Pflugrad, obdachlos Neptuns Haus
Dualwelten? Nur Sand!
Haus
im Fenster
Riverwatcher
Ich bleibe. Vor Schützenberg

Am Ziel:

Die alte Brücke bei Hochwasser (2002)



Die neue Schützen-
berger Brücke über die Lainsitz

Zum Rückweg Falsch herum
Chef der Landeierfarm Uferholz
Schwemm-material Detto
Abkürzung 2002 Häuserstapel
Öffentliche Steckdose? Wie überall.
Anschauen! Fußgänger
Kreuz und Stiege Mit und ...
...ohne Spiegel Hinfahren!
Im Sommer Schlussstriche