Mühlbach und seine Hammerschmiede
Von Karl Höfer, Krems
aus "Das Waldviertel" 1954, Heft 3, S. 64-66
Mühlbach
ist ein kleiner Schulort östlich der Eisenbahnstation Steinbach-Groß
Pertholz; der Ort wird schon 1355 erwähnt.
Der Mühlbach, von dem der Ort den Namen hat, entspringt bei
Weikertschlag, fließt in einem mäßig breiten Wiesentale im allgemeinen
nordwestlich durch den Ort, hernach ein Stück westlich und biegt nun
wieder nach Nordwesten, um bei Oberlainsitz in die Lainsitz zu münden.
Die Straße, von Seifritz von Süden kommend, steigt ziemlich steil an,
überquert ein Rückfallkuppe, auf deren höchsten Punkte das Schulhaus
steht, und fällt dann rasch zur ebenen Talsohle, die der Ort einnimmt.
Bis 1841 bestand hier eine Notschule; dann wurde der Ort nach Groß
Pertholz eingeschult, bis 1914 im Orte eine einklassige Schule erbaut
wurde, welche auch die Kinder aus Seifritz besuchen.
In kirchlichen Belangen ist Mülbach seit 1783 nach Groß Pert holz
zuständig; einst gehörte es zur Pfarre Groß Schönau und später zur
Pfarre St. Wolfgang. Um 1630 war der Ort ganz lutherisch. Um 1752 wurde
in der Ortsmitte eine Betkapelle erbaut, die einen kleinen
Hinterglasmalerei-Kreuzweg enthält. 1787 erhielt die Kapelle eine von
Johann Georg Sailler in Weitra gegossene Gebetglocke.
Im Orte befindet sich weder ein Kaufladen, noch - mit Ausnahme des
Hammerschmiedes - ein ausübender Handwerker.
Um die Jahrhundertwende bestanden hier zwei Wirtshäuser (Nr. 18 und Nr.
24), welche von den Fuhrleuten aus Südböhmen, die zu den Märkten nach
Gerungs zogen und Fertigwaren aus der Hammerschmiede abholten, regen
Zuspruch hatten. Das letzte Wirtshaus wurde 1927 aufgelassen.
Im Orte bestand einst eine Mahlmühle, die bereits 1426 genannt wird und
die schon 1544 der Herrschaft Weitra zehntete, die sog.
Chefer-(Köfer-)mühl. Diese soll an Stelle des heutigen Hauses Nr. 10
gestanden sein; das Bett des ehemaligen Wehrbaches ist noch, undeutlich
zu verfolgen.
Das interessanteste Gebäude des Ortes ist die uralte Hammerschmiede. Am
Südwestende des Ortes steigt der eine Hang steil empor, licht, mit
Föhren bestanden und mit Felsbrocken besät, und drängt Bach und Straße
nach Westen. Aber auch hier kann das Wasser nicht ruhig seinen Lauf
verfolgen: Felsblöcke zwingen es zu vielerlei kleinen Stromschnellen und
Strudeln, in denen es zu Tale eilt. Vorher aber mußte der Bach einen
Teil seines Wassers an einen Mühlgraben abgeben, der es in einem kleinen
Stauteich sammelte, um bei Bedarf Wasserräder zu treiben. Auch rückte
der linke bewaldete Hang heran, eine Art Engpaß bildend.
Unteralb des Stauteiches steht die heutige Hammerschmiede (Nr. 1). Das
Gebäude war wohl ursprünglich eine Mahlmühle. Wann sie errichtet wurde
und ob gleichzeitig mit ihr auch schon die Hammerschmiede bestand, ist
nicht zu ermitteln.
Der am 7. 6. 1696 geborene Martin Decker (Döcker) war wie sein Vater
Georg bereits Hammerschmied in Mühlbach; die Besitzer fortlaufend
anzuführen, war mir nicht möglich.
Der Vater des jetzigen Hammerschmiedes Karl Huber (geboren 1891), Josef
Huber (+ 1928), wurde 1861 als der Sohn des Hammerschmiedes Josef Huber
in Jagenbach geboren.
Karl Huber besitzt noch das Arbeitsbuch seines Vaters, ausgestellt von
der Gemeindevorstehung Jagenbach am 25. 5. 1881, ferner ein Protokoll
vom 14. 7.1835 der Herrschaft Weitra, betreffend die Beschwerde des
Martin Huber wegen der Ableitung des Wassers des Mühlbaches (Wurmbach
und Rauschbach) in die Wiesen, sodaß Mühle und Hammerschmiede kein
Wasser hatten (bei Tage die Schmiede, bei Nacht die Mühle); für die
Wiesen sollte Wasser nur von Samstag abends bis Sonntag abends abgegeben
werden. Ob und in welchem Verwandtschaftsverhältnis Martin Huber zum
heutigen Besitzer stand, ist nicht bekannt. Die Dokumente sind ja
anläßlich der oftmaligen Brände mit zugrunde gegangen.
Mühle und Hammerschmiede haben wohl viele widrige Schicksale,
Feindbesuche, Raubüberfälle. Brände usw. mitgemacht, sodaß heute vom
ursprünglichen Bestande kaum mehr ein Stein auf dem andern liegt. Die
steinerne Umrahmung der Führung des großen Schwanzhammers trägt die
Jahreszahl 1849, auf dem Gesimse der Umrahmung sind drei französische
Kanonenkugeln aus dem Jahre 1809 befestigt.
Nach dem letzten Brande im Jahre 1943 wurde die Mühle aufgelassen, sodaß
heute nur mehr die Hammerschmiede in Betrieb ist. Als Betriebskraft für
sie dienen drei oberschlächtige Zellen-Wasserräder, die das Gebläse
(Zylinder mit Büffelochsenhaut) der Esse, einen Schleifstein und den
schweren Schwanzhammer betreiben.
Hier wurden früher Pflugscharen und Stecheisen für landesübliche Pflüge,
Hacken, Hämmer und Schlägel, Krampen, Schaufeln, Erdäpfelhauen,
Wagenreifen und Schlittenschienen hergestellt; diese Fertigwaren gingen
nach Bedeckung des Bedarfes der Umgebung bis nach Böhmen und Ungarn. Das
hiezu nötige Eisen bezog man bis um 1800 aus Steyr oder es wurde in der
Umgebung als Altmaterial zusammengekauft.
Heute werden hier diese Werkzeuge nur mehr instandgesetzt und
Wagenschmiedarbeiten und Hufbeschlag gemacht. Die Arbeiten des
Hammerschmiedes erfordern eine große Handfertigkeit und
Geschicklichkeit.
1853 bestand in Weitra noch eine Zunft der Hammer- und Kupferschmiede;
zu ihr gehörten die Eisenhämmer in Brühl, Engelstein, Harmannschlag
(Fischbach, zugleich Gießerei 1800 bis 1882), Groß Höbarthen, Mühlbach,
Schützenberg (bis nach 1880 in Betrieb), Thaures und Weitra. Von allen
diesen Hammerschmieden ist nur mehr jene in Mühlbach in Betrieb, wie
lange noch, und dieses altertümliche Gewerbe ist auch im oberen
Waldviertel ausgestorben.
Benutzte Quellen; Topographie von Niederösterreich, Band
5 von 1909, Rupert Hauer: Heimatkunde des Bezirkes Gmünd von 1951.
Schließlich möchte ich noch dem Herrn Schulleiter Fritz Grassinger für
seine wertvollen Aufschlüsse danken